Eine junge Frau erzählt: „Mein Vater hat etwas Unnahbares, Distanziertes, meine Mutter ist eine warmherzige, kontaktfreudige Frau. Wenn ich als Jugendliche mal mit meinem Vater über ein Problem reden wollte, dann fühlte ich mich immer analysiert. Er sparte auch nie mit Ratschlägen. Ich fühlte mich so bevormundet.
Irgendwann habe ich aufgehört, mit meinem Vater über meine Probleme zu reden. Mit meiner Mutter war das anders: Da spürte ich Mitgefühl, und sofort war seelische Nähe da. Es war nicht mehr das Mutter-Kind-Verhältnis, es war irgendwie auch so ein solidarisches Gefühl von Frau zu Frau. Außerdem traute sie mir zu, dass ich meine Probleme selber lösen könnte. Das hat mir gutgetan.“
Wie reden wir miteinander? Wenn wir Menschen miteinander reden, geht es zum einen um sachlichen Informationsaustausch. Aber um uns verstanden zu fühlen, wollen wir auch unsere Gefühle, unsere Sehnsüchte, unsere Sorgen und Ängste mitteilen. In dem Lied „Kompliment“ der Band „Sportfreunde-Stiller“ heißt es im
Refrain: „Ich wollte dir nur mal eben sagen, dass du das Größte für mich bist, und sichergehen, ob du denn dasselbe für mich fühlst.“ Da geht es nicht mehr nur um Informationsaustausch, sondern um Selbstmitteilung.
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Als Pater Kentenich 1912 anfing, als Spiritual für die Jungen im Internat der Pallottiner zu arbeiten, sagte er in aller Klarheit: „Es darf nicht mehr vorkommen, dass wir verschiedene fremde Sprachen entsprechend dem Klassenziele beherrschen, aber in der Kenntnis, im Verständnis der Sprache unseres Herzens die reinsten Stümper sind.“ Er nannte die Selbstmitteilung „Sprache des Herzens“.
Aus den Abschiedsreden Jesu beim letzten Abendmahl ist uns bestimmt folgende Passage in Erinnerung, als Jesus sagt: „Ich nenne euch nicht mehr Knechte;
denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.“ (Joh 15,15)
Wirklich alles. Jesus hat also keine Geheimnisse mehr vor seinen Jüngern. Mehr Nähe kann er nicht anbieten. Und am Anfang des Johannes-Evangeliums steht ein Loblied auf Christus als das Wort: „Im Anfang war das Wort …“
Vor längerer Zeit meinte einmal ein Musikerehepaar: „Wir haben uns über die Musik kennengelernt und 2012 geheiratet. Ab 2013 gab es ja diesen monatlichen
Ehenewsletter. Wir sind beide sehr introvertiert und taten uns früher mit dem Reden sehr schwer. Unser passiver Wortschatz war bedeutend größer als der aktive. Brücken seelischer Nähe konnten wir eher über das gemeinsame Musizieren aufbauen als über das Reden. Aber über die Jahre haben uns die verschiedenen Ehenewsletter geholfen, auch mit Worten gewandter zu werden.
Wir erleben das als Befreiung vom Gehemmtsein. Natürlich genießen wir nach wie vor das gemeinsame Musizieren; und zu Weihnachten und zum Hochzeitstag schreiben wir uns Liebesbriefe. Das ist auch schön, denn die kann man auch nach dem erstmaligen Lesen öfters mal wieder lesen. Das füllt den Tank des Herzens
auf.“
Die Trierer Paartherapeutin Stefanie Stahl schreibt einen Ratgeber-Bestseller nach dem anderen, um Menschen aus der Unbeholfenheit in die Beziehungsfähigkeit zu führen.
Pater Kentenich, der als Jugendlicher auch sehr unter seiner Kontaktunfähigkeit gelitten hatte und erst nach seiner Priesterweihe der kontaktfreudige, sensible und
einfühlsame Seelsorger wurde, sah in dieser Problematik die zentrale Herausforderung für die neueste Zeit. Er prägte dafür den Ausdruck „mechanistisches Denken“. Er selbst führte seine Heilung auf das Wirken
der Gottesmutter zurück, die als Immaculata der ganz heile und damit auch voll beziehungsfähige Mensch ist. So will er auch seine Spiritualität verstanden wissen: Schönstatt will den Menschen helfen, noch beziehungsfähiger zu werden. Es ist
naheliegend, dass dieses Anliegen und damit diese Spiritualität für Ehepaare attraktiv ist.
Als Paar weiterkommen
– Wir schreiben uns wieder einmal einen Brief!
– Wir gehen miteinander in die Eisdiele, Weinstube, …
– Wir erzählen uns, worüber denke ich zurzeit häufig nach? Wofür möchte ich mich
bei dir bedanken? Warum ich sooo froh bin, dass ich dich geheiratet
habe …
Für unser Leben mit Gott
Wir erzählen Gott von uns beiden:
– „Schau Gott, das ist mein Mann, er plagt sich zurzeit mit … er ist ein toller … Hilf ihm, dass er …“
– Schau, guter Gott, hier sitzt meine Frau. Sie hat schwere Gedanken über … Danke, dass sie häufig lacht und … Beschütze sie, damit …
Ein Beitrag von P. Elmar Busse aus dem Ehepaarnewsletter Juli 2024 https://www.schoenstatt.de/de/uploads/2024-news/ehenewsletter/20240718EheNewsletter_139WEB_Selbstmitteilung.pdf